16. Januar 2024 / Aus aller Welt

Doppelgängerin-Mord - Prozess gerät schon ins Stocken

Weil sie untertauchen wollte, soll eine Ingolstädterin eine ihr ähnlich sehende Frau umgebracht haben - zusammen mit einem Komplizen. Nun begann der Prozess. Doch er könnte bald ausgesetzt werden.

von Ulf Vogler, dpa

Die junge Ingolstädterin auf der Anklagebank soll in einem sozialen Netzwerk gezielt nach Doppelgängerinnen gesucht haben, um eine davon zu töten und so den eigenen Tod zu inszenieren. Jetzt müssen sich die 24-Jährige und ein mutmaßlicher Komplize wegen gemeinschaftlichen Mordes vor dem Landgericht Ingolstadt verantworten. Der Beginn des Prozesses verlief holprig, er wurde von juristischen Formalien bestimmt. Die Verteidiger der Frau stellten mehrere Anträge, einer davon zielt auf eine generelle Aussetzung des Verfahrens.

Die angeklagte Deutsch-Irakerin sowie der 25-jährige Kosovare sollen eine 23-Jährige aus Baden-Württemberg umgebracht haben, damit die angeklagte Frau untertauchen kann. Hintergrund sollen Streitigkeiten innerhalb der Familie der beschuldigten Frau und der Familie ihres Ex-Partners gewesen sein, die im Zusammenhang mit der Trennung der beiden früheren Lebensgefährten entstanden sein sollen.

Um ein neues Leben beginnen zu können, soll die Kosmetikerin über Instagram versucht haben, Kontakt zu ihr optisch ähnelnden Frauen aufzunehmen, um so ein Opfer zu finden. Laut Anklage wurde versucht, diese Doppelgängerinnen durch Versprechungen zu einem Treffen zu bewegen.

Kostenlose Kosmetikbehandlung als Vorwand

Eine 23-Jährige aus Eppingen (Landkreis Heilbronn) soll sich schließlich darauf eingelassen haben. Im August 2022 sollen die Angeklagten das Opfer daheim abgeholt haben. Es sei der 23-Jährigen zugesagt worden sein, dass sie in Ingolstadt eine kostenlose Kosmetikbehandlung bekommt, führte die Staatsanwältin aus. Auf der Fahrt dorthin soll die junge Frau in einem Waldgebiet brutal umgebracht worden sein. Der Mann soll insgesamt 56 Mal auf Brust, Rücken, Hals und Gesicht eingestochen haben.

Durch eine Reihe von Anträgen der Anwälte der Frau, sie hat vier Verteidiger, wurde der Prozess bereits am erster Tag erheblich verzögert. Die beiden Verteidiger des mitangeklagten Mannes lieferten sich einen kleinen verbalen Schlagabtausch mit den Kollegen, sahen aber keine Notwendigkeit für eigene Anträge.

Die Rechtsanwälte der 24-jährigen bemängelten insbesondere, dass kein faires Verfahren möglich sei. Da auch noch in den vergangenen Wochen von der Staatsanwaltschaft umfangreiche zusätzliche Ermittlungsakten vorgelegt worden seien, werde weitere Zeit zur Einarbeitung benötigt, erklärten die Verteidiger. Sie beantragten deswegen, das ganze Verfahren noch einmal für einige Zeit auszusetzen.

Zum Verwechseln ähnlich

Die Staatsanwaltschaft wies dies zurück. Es sei bei komplexen Verfahren nicht unüblich, dass auch noch nach Anklageerhebung Akten nachgereicht würden. Bei den neu vorgelegten Unterlagen sei aber inhaltlich «nichts Neues» dabei, eine besondere Relevanz für das Verfahren erkannte die Staatsanwältin nicht. Für die Strafkammer war der Aussetzungsantrag jedenfalls so umfangreich, dass sie vorzeitig den ersten Verhandlungstag beendete. Am nächsten Montag will nun das Gericht bekannt geben, ob es dem Aussetzungsantrag folgt.

Nach der Bluttat war die Leiche der 23-Jährigen damals im Auto der Kosmetikerin in Ingolstadt von Angehörigen der Angeklagten gefunden worden. Tatsächlich dachte die Familie der Ingolstädterin wegen der Ähnlichkeit zunächst, dass die nun Angeklagte umgebracht worden sei. Doch schon am nächsten Tag wurde das vermeintliche Opfer als Tatverdächtige festgenommen, ebenso der mitbeschuldigte Mann. Laut Staatsanwaltschaft haben damals beide den Mordvorwurf bestritten und dann während der weiteren Ermittlungen geschwiegen.

Das Landgericht hat zunächst 28 Verhandlungstermine geplant, ein Urteil soll es möglichst im Mai geben. Falls der Zeitplan nicht ausreicht, sind aber auch bereits weitere Prozesstage ab Juni angedacht. Die Strafkammer will mehr als 100 Zeuginnen und Zeugen vernehmen, um das Geschehen aufzuklären.


Bildnachweis: © Cornelia Hammer/dpa
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